Es macht mich sehr betroffen, ja zum Teil sogar wütend, was ich in Ahrweiler, Dernau, Mayschoß, Schuld, Rech und Altenahr habe noch sehen müssen.
Dazu kommen die persönlichen Gespräche, mit Helfer*Innen, aber auch mit den Opfern. Die von der Nacht erzählen. Wie sie um ihr Leben gekämpft haben, wie knapp es war, wem sie haben nicht mehr helfen können, wie viele Nachbarn und Freunde sie verloren haben.
Ich gebe das hier genauso wider, wie es mir Susanne (Name wurde von mir geändert) erzählt hat:
“Ich hörte komische Geräusche. Das Wasser kam ganz plötzlich durchs Fenster, mein Wohnzimmer-Schrank drückte mich gegen die andere Wand und ich versuchte nach draußen zu kommen, weil es weiter anstieg. Draußen angekommen drückte mich die Flut gegen den Zaun, meine Kleidung behinderte meine Bewegungen, sodass ich mich notgedrungen auszog. Ich wusste, ich muss über den Zaun, ansonsten ertrinke ich hier. Er war aber so hoch und ich brauchte mehrere Versuche, um drüber zu kommen. Mein Nachbar versuchte einem vorbeitreibenden Mann mit der Hand zu erreichen und ihn heranzuziehen. Sie verpassten sich um 10cm. Wir haben ihn nie wieder gesehen.
Gleiches gilt für mein greises Nachbar-Ehepaar. Auch die wurden davongespült.
Ich habe insgesamt 18 Menschen aus meiner direkten Nachbarschaft, so im Umkreis von 100m, verloren. Insgesamt waren es 28, auch aus anderen Orten, die ich persönlich kannte.
Die ersten sechs Wochen nach der Flut wollte ich nicht mehr leben. Alles war so sinnlos. Aber all die Helfer gaben mir Zuversicht. Und dann sagte mein Mann, dass wir losfahren und eine Küche aussuchen, bestellen. Eine Küche? Wo willst du die aufstellen? Das Haus ist doch kaputt!?
Aber so hatten wir ein Ziel und von da an ging es bergauf!”